Eine Gruppe Doktoren

Neue Erkentnisse Frauen werden in unserem Gesundheitssystem benachteiligt

Die Medizin konzentriert sich seit jeher auf den männlichen Körper. Frauen werden nach einem medizinischen Standard behandelt, der auf Männer ausgerichtet ist. Sie bekommen Arzneimittel verschrieben, die vordergründig am Mann getestet wurden und deren Dosierungen auf den männlichen Durchschnittskörper ausgelegt sind. Dies stellt für Frauen eine Gefahr dar: Überdosierungen, starke Nebenwirkungen und fehlgeleitete Therapien können die Folge sein

Gib Geld, Jenser!

Das Bundesministerium für Gesundheit hat 2018 erstmals Geld für die Erforschung und Förderung geschlechtsspezifischer Medizin bereitgestellt, rund 3,5 Millionen Euro wurden für Studien im Rahmen des Förderschwerpunkts “Geschlechterspezifische Besonderheiten in der Gesundheitsversorgung, Prävention und Gesundheitsförderung” eingeplant. Angesichts der Tatsache, dass die Grundlagen der geschlechtsspezifischen Diagnostik und Therapie erst erarbeitet werden müssen, wäre eine umfassendere Förderung notwendig.

Geschlechtsspezifische Medizin muss zum Standard werden

Um allen Geschlechtern eine gleichberechtigte und angemessene Behandlung und medizinische Versorgung zu ermöglichen, muss die geschlechtsspezifische Medizin in Deutschland zum Standard werden.

Besonderheiten der Geschlechter berücksichtigen

Geschlechtsspezifische Medizin berücksichtigt das Geschlecht eines Menschen in der medizinischen Prävention, Diagnostik und Therapie. Es gibt biologische und soziokulturelle Faktoren, die beeinflussen
- woran Frauen und Männer erkranken
- wie sich Krankheiten bei ihnen äußern
- wie sie mit dem Kranksein umgehen
- und wie ihre Krankheiten am besten behandelt werden können.
Aus diesem Grund können Krankheiten nicht nach einem allgemeingültigen, am Mann ausgerichteten Schema behandelt werden.

Geschlechtsspezifische Medizin angewandt

In der praktischen Medizin, der medizinischen und pharmazeutischen Lehre, in der Arzneimittelentwicklung und -forschung, in Krankenhäuser, Politik, Krankenkassen und der Pharmaindustrie, bei Fachbuchverlagen und medizinischen Fachgesellschaften muss sich die Einsicht durchsetzen, dass Frauen und Männer biologisch unterschiedlich sind und deshalb geschlechtsspezifisch behandelt werden müssen. Arzneimitteltests müssen gleichberechtigt Männer und Frauen mit einbeziehen und die Ergebnisse der Studien müssen nach Geschlecht getrennt ausgewertet werden.

„Und wenn die männliche Maus – und zwar die junge männliche Maus – der Prototyp aller Dinge ist, dann heißt das: Wir bilden gerade die Männer zwischen 18 und 35 Jahren in unseren Tiermodellen ab. Und für diese Gruppe entwickeln wir Medikamente, testen wir Medikamentenwirkungen, Nebenwirkungen, Sicherheit.“
Prof. Dr. Dr. Vera Regitz-Zagrosek

Die Aus- und Weiterbildung von Mediziner*innen muss durch geschlechtsspezifische Aspekte erweitert werden.

STANDARD Der Mann als Standard

In der Medizin wird der Mann als Standard gesehen: Die menschliche Anatomie wurde am männlichen Körper erforscht, Medikamente werden größtenteils an Männern erprobt. Die Symptome einer Krankheit beim Mann werden als allgemeine Symptome verstanden - davon abweichende Symptome der Frau werden als “atypisch” gesehen. Heute noch kommen weniger Frauen als Männer in Arzneimittelstudien vor.

Unterschiedliche Symptome bei Mann und Frau

Bei verschiedenen Krankheiten haben Männer und Frauen oft unterschiedliche Symptome. So unterscheidet es sich beispielsweise, wie sich ein Herzinfarkt zeigt: Die bekannten Erkennungszeichen bei Männern, wie starke Schmerzen im Brustraum, die in andere Körperregionen ausstrahlen können, stehen bei Frauen häufig eher im Hintergrund. Sie zeigen dafür häufiger Beschwerden wie Übelkeit, starke Kurzatmigkeit, Beschwerden im Oberbauch oder ein Druckgefühl im Brustbereich. Auch an der unterschiedlichen Symptomatik liegt es, dass der Herzinfarkt bei Frauen oft später erkannt wird - von den Frauen selbst, aber auch von den Ärzt*innen. Dabei betrifft er Frauen ebenso wie Männer. Osteoporose hingegen, also eine geringe Knochendichte, wird oft als reine Frauenkrankheit verstanden, obwohl etwa ein Viertel der Osteoporose-Fälle Männer betreffen. Eine adäquate Behandlung aller Menschen setzt ein Bewusstsein dafür voraus, wer von welcher Krankheit betroffen sein kann und wie diese sich im einzelnen Fall äußern kann.

Was kann ich tun?

- Mit deinem Arzt oder deiner Ärztin sprechen: In welcher Dosierung soll ich (als Frau/als Mann) das Medikament einnehmen? Muss ich irgendwelche Nebenwirkungen befürchten?
- Mir eine Ärztin oder einen Arzt suchen, die oder der mich ernst nimmt und mich individuell zu Medikamenten und Therapiemöglichkeiten berät
- Mit Freunden und Familienmitgliedern über das Thema sprechen